Zoff in Marokko
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Meine bislang einzige regelmäßige (humoristische) Kolumne: „Panoptikum“ in der ambitionierten, aber mittlerweile leider untergegangenen Kabarett- und Satire-Zeitschrift „Klein&Kunst“. Hier ein Beispiel daraus.
Entschuldigen Sie, wenn ich etwas langsamer schreibe als gewohnt, aber ich hab heut ein bissi Kopfweh und da geht das alles nicht so schnell, ok? Gut, also wo war ich? Ach ja, ganz am Anfang. Das heißt ich muß gewissermaßen erst einmal etablieren, worum es heute gehen soll. Na, dann mach‘ ich das amal.
Also…
Heute fand ich in der mir sehr lieb gewordenen Rubrik „Böse Wörter“ des elektronischen Tratschvereins „Black°Box“ eine neue Mail zu einem meiner Lieblingsthemen – deutsche Verleihtitelungen ausländischer Filme. Einer der Mitdiskutanten vermeldete dorten die Sichtung des Titels „Büro brutal: ein Biest will nach oben“ für einen amerikanischen Film namens „Body Language“. Nachdem man davon ausgehen kann, daß den Übersetzern der Filme die deutsche Bedeutung des Titels, „Körpersprache“, durchaus bewußt gewesen sein dürfte, kann man also getrost andere Motive hinter dieser „Übersetzung“ vermuten. Der Schreiber der Mail fügte noch an, daß er gerne wüßte, wo die Schöpfer von derlei Wortungetümen denn rekrutiert würden. Nun, diese Frage vermag ich auch nicht zu beantworten. Was ich aber doch kann, ist diesem Fall einige weitere andere Fälle hinzuzufügen. Und ich meine nicht Dativ oder Akkusativ.
(Ähem… Bitte ignorieren Sie den letztgenannten Ausrutscher in die seichteren Humor-Gewässer. Die obenerwähnten Kopfschmerzen, Sie verstehen…)
Tatsächlich bereitet es mir schon seit geraumer Zeit großes Vergnügen, die deutschen Filmverleihtitel zu beobachten, ja, zu sammeln. Und zwar jenseits der primitiven, kaum variierten, mit Zahlwörtern beginnenden „Knallern“ à la: „Zwei irgendwas im/in/auf irgendwas tun irgendwas“, Sie kennen das sicher selber zur Genüge. Oder? Na gut, ein paar Beispiele zur Auffrischung: „Zwei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle“, „Zwei Supertypen räumen auf“ (ein politisch korrekter Putzfrauenfilm?), „Zwei Trottel als Bruchpiloten“, „Zwei Trottel als Revolverhelden“, „Zwei Trottel an der Front“, „Zwei Trottel gegen Django“ etc. pipapo (alle Beispiele 100 % authentisch). Das ganze gibt’s dann auch noch mit „Drei…“, „Vier…“ und so weiter.
Nein, wirklich interessant sind eher die Titel, die eine gewisse kreative Eigenleistung deren Erfinder widerspiegeln. Bei „Zwei Trottel als Revolverhelden“ etwa, kann man ja immerhin rückschließen, daß es sich um einen „humoristischen“ Western handeln dürfte. Aber bei „Ich glaub‘ mich tritt ein Pferd“ wird’s in puncto Inhalt schon ein wenig schwieriger. Um so mehr als der Originaltitel in diesem Fall „Animal House“ lautet, was die Handlung des bekannten John Belushi Streifens immerhin ein wenig genauer umschreibt. Kreativ auch der Mensch, der den Grusel-Klassiker „Twilight Zone“ („Die Zwielicht-Zone“) auf deutsch in „Unheimliche Schattenlichter“ umtaufte. Besonders liebe ich aber die kreativen Titel, die oft aus mehr als einem halben Dutzend Worten bestehen – als Übersetzung von Filmen, die im Original einen Ein-Wort-Titel aufweisen. Ein paar Beispiele. O-Titel: „Airplane!“, deutsch: „Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug“. O-Titel: „Stripes“, deutsch: „Ich glaub‘, mich knutscht ein Elch“. Und mein ganz besonderer Liebling – O-Titel „Vacation“, deutsch: „Die schrillen Vier auf Achse“.
Aber warum auch nicht? Wenn es Publikum bringt und die Massen unterhält, dann sollte man diese Titelgebungen durchaus fördern. Wenn nicht sogar ausdehnen! Man stelle sich nur vor, wie begeisterte junge Kinogehermassen sich auf große Werke der Film-Literatur stürzen würden, gäbe, ja, gäbe man ihnen nur adäquate neue Titel! Ich fordere daher vehement die Umbenennung des Bogart-Klassikers „Casablanca“ in „Zoff in Marokko“. Da weiß man gleich, was man davon halten soll! „Citizen Cane“? Wen soll das hinter dem Ofen hervorlocken? „Ein irrer Millionär und sein heißer Schlitten“ klingt doch gleich viel interessanter! „Vom Winde verweht“? Viel zu poetisch! „Der große Dunkle und das kleine Biest“ trifft die Sache doch viel genauer. „Ghandi“? „Ein irrer Inder haut auf den Putz“! „Romeo und Julia“? „Zwei frühreife Früchtchen treiben’s bunt“! „Der Tod in Venedig“? „Ein warmer Bruder beißt ins Gras“! Die Möglichkeiten sind endlos!
Weiter Vorschläge und Unterstützungen in dieser Angelegenheit nehme ich gerne entgegen. Und mein Kopfweh ist auch schon viel besser…